Unfall und nicht angeschnallt: Tragen diese Fahrer eine Mitschuld?

Von Sascha D.

Letzte Aktualisierung am: 18. Januar 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Fahrer, die bei einem Unfall nicht angeschnallt sind, riskieren, verletzt aus diesem hervorzugehen.
Fahrer, die bei einem Unfall nicht angeschnallt sind, riskieren, verletzt aus diesem hervorzugehen.

Für viele gehört der Sicherheitsgurt zum Autofahren einfach dazu und die meisten legen ihn unbewusst an, sobald sie ins Auto steigen.

Doch aus einer Unfallstatistik geht hervor, dass dennoch jeder fünfte Unfalltote beim Kfz-Unfall nicht angeschnallt war – obwohl es in Deutschland eine Anschnallpflicht gibt.

Diese wurde vor mehreren Jahrzehnten nicht ohne Grund eingeführt. Trägt der Autofahrer oder andere Insassen keinen Sicherheitsgurt und es kommt zum Verkehrsunfall, sind schwere Verletzungen die Folge.

FAQ: Unfall ohne Sicherheitsgurt

ist mit einem Bußgeld zu rechnen, wenn Insassen bei einem Unfall nicht angeschnallt waren?

Ja, ein Verstoß gegen die Anschnallpflicht hat ein Bußgeld von 30 Euro zur Folge. Sind Kinder nicht richtig gesichert, werden 60 Euro und ein Punkt fällig.

Hat der nicht angelegte Gurt Einfluss auf den Schmerzensgeldanspruch?

Das kann möglich sein, allerdings handelt es sich um Einzelfallentscheidungen. Wichtige Urteile zum Mitverschulden benennt der Ratgeber hier.

Ist der Versicherungsschutz beeinträchtigt?

Es kann sein, dass die zuständige Versicherung den fehlenden Gurt als Fahrlässigkeit wertet. Mehr diesbezüglich erfahren Sie hier.

Unfall ohne Gurt: Wann ist mit einem Bußgeld zu rechnen?

Fahrer und Insassen, die im Kfz nicht angeschnallt sind, riskieren ein Bußgeld. Die Polizei fordert für diese Ordnungswidrigkeit 30 Euro. Ist der Fahrer bei der Sicherung eines Kindes nachlässig, wird es teurer. Es drohen laut Bußgeldkatalog 60 Euro und ein Punkt in Flensburg.

Doch mit welchen Konsequenzen ist zu rechnen, wenn der Fahrer nicht angeschnallt ist und ein Unfall passiert? Kann dieser nach einem solchen Unfallhergang überhaupt Schmerzensgeldverlangen?

Das sagen die Gerichte: Urteile zum Thema

Das OLG München (Az. 10 U 1931/12) spricht dem Fahrer, der bei einem Unfall nicht angeschnallt war, nur dann ein Mitverschulden zu, wenn die Verletzungen durch den Gurt hätten komplett verhindert werden können oder diese zumindest weniger schwerwiegend gewesen wären.

Auch das OLG Karlsruhe (Az. 14 U 42/08) äußerte sich bereits zu einem solchen Fall. In diesem sprachen die Richter der Klägerin, welche bei dem Unfall nicht angeschnallt war, ein Recht auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. Denn: Der Sicherheitsgurt hätte die schweren Verletzungen nicht verhindert.

Ein Unfall ohne Gurt führt unter Umständen zu einer Teilschuld.
Ein Unfall ohne Gurt führt unter Umständen zu einer Teilschuld.

Von einem Mitverschulden des Geschädigten kann nur ausgegangen werden, wenn der Gurt die Verletzungen verhindert oder zumindest gemindert hätte. Dann sind die Ansprüche entsprechend der Haftungsquote zu reduzieren. Ansonsten tritt laut BGH die Anschnallpflicht gegenüber der Unfallschuld des Verursachers zurück.

Der Bundesgerichtshof (Az. VI ZR 10/11) entschied, dass ein Mitverschulden des Geschädigten auszuschließen ist, wenn zum Zeitpunkt des Unfalls keine Anschnallpflicht mehr gilt.

In diesem Fall kam eine Person mit ihrem Auto nach einem Verkehrsunfall auf der linken Spur der Autobahn zum Stehen. Sie schnallte sich ab, um die Unfallstelle abzusichern.

In diesem Moment näherte sich ein weiteres Fahrzeug, welches in den Unfallwagen krachte. Eine Teilschuld schloss der BGH aus, denn für die Person galt, zum Zeitpunkt des Unfalls, die Anschnallpflicht bereits nicht mehr.

Wie reagiert die Versicherung auf einen Autounfall ohne Gurt?

Die gegnerische Haftpflichtversicherung wird versuchen, dem Geschädigten, der bei dem Unfall nicht angeschnallt war, eine Teilschuld aufzudrücken. Ein Sachverständiger wird dann feststellen, ob ein Gurt die Verletzungen verhindert hätte.

Sind Sie bei einem selbstverschuldeten Unfall nicht angeschnallt und möchten Ihre Verletzung Ihrer Vollkaskoversicherung melden, wird auch diese unter Umständen einen Gutachter bestellen, um den Unfallhergang und Ihre Schäden zu bewerten.

Es kann vorkommen, dass die Versicherung Ihnen Fahrlässigkeit vorwirft und die Schadensregulierung nicht oder nur in Teilen übernimmt.

Auch eine Vollkaskoversicherung reagiert auf einen Unfall, bei dem die Insassen nicht angeschnallt waren, empfindlich. Unter Umständen versucht diese den Versicherungsschutz wegen Fahrlässigkeit zu kürzen. Schalten Sie bei Problemen mit der Versicherung einen Anwalt ein, der Sie sachdienlich beraten kann.

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Über den Autor

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Sascha D.

Sascha ist aufgrund seines rechtswissenschaftlichen Studiums an der Universität Greifswald ein Experte auf seinem Gebiet. Seit 2017 unterstützt er die Redaktion von bussgeldrechner.org mit seinem profundem Hintergrundwissen. Dabei stellt er sicher, dass seine Artikel inhaltlich fundiert und präzise sind.

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